Gasaki – ein kombinierter Brand-/Sprengsatz niedriger Intensität

Praxisanleitung der Revolutionären Aktionszellen (RAZ)

Die gute alte Tradition der radikal bleibt uns erhalten: wir haben die Möglichkeit bekommen, euch in dieser Ausgabe die Bastelanleitung „Gasaki – ein kombinierter Brand-/Sprengsatz niedriger Intensität“ vorzustellen. In einer Nummer der „Kostenlos-Interim“ (701, 11.12.09) befindet sich bereits eine erste Erläuterung zum Modell Gasaki, die allerdings äußerst knapp ausgefallen ist und wenig Informationen der Handhabung und Anwendung enthält.

Diese Lücke wollen wir mit dieser Anleitung ein wenig weiter schließen. Um es kurz vorwegzunehmen; Gasaki funktioniert so: Mit Hilfe des weithin bekannten Brandsatzes „Nobelkarossentod“, den uns die GenossInnen des ehemals existierenden klandestinen Gruppenzusammenhangs Klasse gegen Klasse (KgK) Anfang der 90er Jahre hinterlassen haben, werden kleine Gas-Kartuschen, die für Campingkocher gebraucht werden, infolge der Brandwirkung und Hitzeentwicklung zur Explosion gebracht.
Sicherlich werden noch weitere Ergänzungen im Umgang mit dem Gasaki-Aufbau folgen müssen, um dieses Modell aus dem Sortiment des militanten Widerstands technisch und praktisch zu perfektionieren. Dennoch möchten wir euch den bisherigen Erfahrungsstand mitteilen, da Gasaki bereits in der militanten Praxis Verwendung findet.

Welche ersten Erfahrungswerte gibt es mit Gasaki?

Neben dem mehrfach  z.B. in der radikal und der Interim abgedruckten Brandsatzmodell „Nobelkarossentod“ und dem Modell „Grillanzünder“ drängt nun eine weitere Variante auf den „Markt der militanten Möglichkeiten“. Die Variante, die unter dem Produktnamen „Gasaki“ einen stetig steigenden Bekanntheitsgrad erfährt ist bislang zu mehreren Einsätzen zumindest in Berlin gelangt. U.a. sind Gaskartuschen der Marke Gasaki außer von uns bei den Anschlägen auf das Kriminalgericht in Moabit und die Landeszentrale der Deutschen Polizeigewerkschaft in Tiergarten  laut Presseberichten verwendet worden.
Bei diesen erwähnten Anschlägen ist offenbar eine unterschiedliche Anzahl von Gaskartuschen zur Explosion gebracht worden. Nennenswerten (Extra-)Schaden scheinen diese aber nicht verursacht zu haben. Das hat vermutlich damit zu tun, dass Gasaki ungünstig angebracht wurde und aufgrund einer fehlenden oder unzureichenden Verdämmung die Sprengwirkung regelrecht in alle Himmelsrichtungen verpuffte und nicht auf einen Punkt hin zu konzentrieren war. Hinzu kommt unter Umständen, dass eine zu geringe Anzahl von Gaskartuschen montiert wurde, so dass aufgrund dessen kaum eine verstärkende Wirkung des Brandsatzes mit kombiniertem Sprengsatz erreicht werden konnte. Somit hatte Gasaki in der bisherigen Ausführung mehr die Funktion, für eine erhöhte Geräuschkulisse zu sorgen, als dass damit ein relevanter Zusatzschaden bspw. an Gebäuden eintreten konnte.
Hinsichtlich dieses erzeugten Lärms passt es, dass das mediale Echo zumindest bei dem letztgenannten Anschlag auf die Bullen-Gewerkschaft entsprechend hoch war. Da wurde von „Gas- und Brandbomben“ geschrieben und eine Nähe zum „RAF-Terror“ der 70er und 80er Jahre herbeiphantasiert. Diese Dramatisierung steht natürlich in einem direkten Zusammenhang, um einen Diskurs gegen den „gewalttätigen Linksextremismus“, der eine offene Flanke zu einem neu entstehenden „Terrorismus“ habe, mehr und mehr in Gang zu bringen. Gasaki ist demnach auch so etwas wie ein Spreng-Satz in den Gazetten der Boulevardpresse, aber nicht nur dieser. Die vermeintlich seriösen liberalen Tageszeitungen und Zeitschriften ziehen in der Hetz-Rhetorik bereits nach und Berlins evangelischer Innensenator Ehrhart Körting spricht in Anlehnung an den Nachkriegs-SPD-Chef Kurt Schumacher von „rotlackierten Faschisten“, die da am Werk seien.
Gasaki wird u.a., davon gehen wir zumindest aus, zu einem „Transportmittel“, um den Diskurs um die „Gemeingefährlichkeit“ der revolutionären Linken weiter anzufachen. Um hier eine „Brandmauer“ von unserer Seite aus hochzuziehen, ist es erforderlich, dass die Objektauswahl – technisch gesprochen – sehr präzise ausfällt und die jeweilige Aktion mit einer Erklärung in einen Begründungszusammenhang gestellt wird, der auf einer sozialrvolutionären und/oder antiimperialistischen Linie basiert. Mit dieser technisch-inhaltlichen Klammer erfüllen wir die Voraussetzungen, damit die Anwendung des Modell Gasaki nicht ohne weiteres der öffentlichkeitswirksamen Diffamierung ausgesetzt werden kann.

Wie sieht die konkrete Anwendung von Gasaki aus?

Wir haben in der Überschrift das Gasaki-Modell als einen „kombinierten Brand-/Sprengsatz niedriger Intensität“ bezeichnet. Wir denken, dass das eine recht exakte Beschreibung dieses militanten Aktionsmittels ist.
Kernstück dieses Modells sind mehrere zu einem Paket zusammengebrachte Gaskartuschen, die handelsüblich auch als Campinggasbehälter zu erhalten sind.  Da diese Kartuschen einen hohen Verbreitungsgrad haben, ist deren Bezug wesentlich erleichtert. Der Anschaffungswert liegt bei ca. 1 bis 2 Euro pro Stück und ist damit auf jeden Fall erschwinglich.
Im Grunde genommen besteht der „Clou“ des Modell Gasaki darin, dass mit den bekannten Zündmechanismen („Nobelkarossentod“ oder „Grillanzünder“) hantiert wird. Die präparierten Gaskartuschen werden faktisch nur dazu gelegt. D.h., dass durch den Brandherd, der durch einen der beiden Zündmechanismen erzeugt wird, die Gaskartuschen zur Explosion gebracht werden. Bei diesem kombinierten B- und S-Satz bringt die Anfertigung  bspw. des KgK-“Nobelkarossentod“ den eigentlichen Bastelaufwand mit sich.
Die Kartuschen werden so platziert, dass sie von den Flammen des sich entzündenden Brandsatzes eingenommen werden und aufgrund der enormen Hitzeentwicklung nicht anders können, als sich zu befreien, sprich zu explodieren. Die Kartuschen werden sich, falls sie nicht von einem anderen Material zur Verstärkung umhüllt wurden, nach ca. 2 Min. entladen. Da die Kartuschen aus Aluminium, das zudem ziemlich dünn-wandig ist, sind, besteht keine unmittelbare Splittergefahr. Entweder löst sich das Kartuschen-Gehäuse vom Boden (z.T. meterweit), oder es blättert sich förmlich auf. Das, was am gefährdetsten scheint, ist, wenn man zu nah am Ort des Geschehens ist, das Trommelfell, da jenes bei der Explosion doch arg strapaziert wird. Allerdings sollte eh darauf Acht gegeben werden, dass zwischen dem Ablegen des aktivierten Gasaki und dem „Hochgehen“ genug Zeit bleibt, damit man sich vom Spielort bereits entfernen konnte. Allein deshalb favorisieren wir den „Nobelkarossentod“ als Zünder, da er uns ca. 10 bis 15 Min. zeitliche Verzögerung gibt, die reichen muss, um gesichert abrücken zu können.
Es empfiehlt sich unbedingt, mehrere Kartuschen zu nehmen. Damit sich eine materielle Wirkung einstellen kann, reden wir von 3 Gaskartuschen aufwärts. Die Kartuschen lassen sich auch verhältnismäßig leicht zu kompakten Paketen verkleben/verschnüren. Z.B. kann das Teppichklebeband, das für den „Nobelkarossentod“-Aufbau benötigt wird, weiter benutzt werden, um die einzelnen Kartuschen senkrecht mit einander zu verbinden. So entsteht eine Kartuschen-Säule, die dann mit ordentlich Gafferband stabilisiert wird. Damit die Kartuschen-Säule einfach transportabel bleibt, machen sich 4 bis 5 aufeinander gestabelte Kartuschen ganz gut. Mehrere Vierer- oder Fünfer-Säulen lassen sich dann mit dem Gafferband zusammenbinden; so entsteht dann eine kompakte Ladung.
Als Ummantelung bietet sich ein Alu-Eimer an, in dem die Kartuschen-Säulen fest verstaut werden. Dabei ist darauf zu achten, dass das Feuer, das uns der „Nobelkarossentod“ spendet, direkt auf die Kartuschen treffen kann. Von anderen Materialien außer Holz würden wir aufgrund der Nicht-Erprobung abraten, zumal mit unserer hier vorgestellten Variante erst einmal keine selbstständige Splitterwirkung erzeugt werden soll.
Die eigentliche Schwierigkeit, die uns Gasaki auftischt, ist, wie wir die Druckwelle nicht nach allen Richtungen hin entweichen lassen, sondern bspw. auf eine Fensterfront oder ähnliches ausrichten können. Zum einen hilft uns gegebenenfalls die Gebäudearchitektur, wenn wir als Ablegeort eine Verwinkelung oder eine Absenkung vorfinden, so dass der Entladungsraum eng bleibt. Zum anderen müssen die Kartuschen-Säulen direkt an der (beipielhaften) Fensterfront angebracht sein. Wenigstens sind die Kartuschen unmittelbar vor die Verglasung abzulegen, besser ist, wenn sie (improvisiert) befestigt werden können.
Kontraproduktiv kann der Gasaki-Einsatz dann sein, wenn sich nach der Explosion Fensterfront und Fassade nicht nur ohne materiellen Sachschaden zeigen, sondern vor allem, wenn zudem der Brand und dessen Intensität dadurch beeinträchtigt wird, dass Gasaki eigentlich dazu geführt hat, dass es aufgrund der Streuwirkung nach der Explosion zu keinem konzentrierten Feuerkegel mehr kommen kann. Dann ist die Brandlegung faktisch auch futsch, wenn die mit Benzin und Öl gefüllten Plastikflaschen umhergeflogen sind und irgendwo in einer Böschung landen. Lediglich auf den Gasaki-Lärm setzen zu wollen/müssen, wäre als alleinige Auswirkung ein völlig untaugliches Mittel des militanten Widerstands.
An dieser Stelle werden wir das Modell Gasaki sicherlich bis zur Serienproduktion noch um einige Elemente ausreifen und verbessern müssen. Von daher setzen wir darauf, dass von militanten AktivistInnen Ergebnisse weiterer Erprobungen und praktischer Anwendungen bekannt gemacht werden.

Zur Rubrik „Bastelanleitung“ in der radikal und zum Gasaki-Modell

Wir kommen nicht umhin einzugestehen, dass gerade auch für uns als Militante die radkal seit ihrer Illegalisierung in der Außen-Wahrnehmung stark auf die Rubrik „Bastelanleitung“ eingeschränkt wird. Dabei spielt eine doppelte Erwartungshaltung eine Rolle: zum einen stellen die MacherInnen dieses Blattes aufgrund der klandestinen Herstellungsweise einer solchen Rubrik einen publizistischen Raum in einem Printmedium  zur Verfügung, der sonst nirgends – außer in der Interim – zu finden ist. Zum anderen wären viele lange Gesichter bei den LeserInnen und SympathisantInnen zu vermuten, wenn diese Rubrik nicht bedient würde.
Neben diesen beiden Aspekten, die durchaus ihren Einfluss haben mögen, ist es entscheidend, Fertigkeiten und Fähigkeiten über Aktionsformen zu vermitteln, die kein quasi-esoterisches Geheimwissen sein sollen. Wir sehen als eine Aufgabe der radikal an, uns als  revolutionärer Linken Mittel und Methoden in die Hand zu geben, um praktisch werden zu können. Es geht darum, Optionen des organisierten militanten Widerstandes zu vervielfältigen, um anlassbezogen und situationsbedingt agieren zu können.
Dabei stehen nicht zwangsläufig jene Aktionstypen im Vordergrund, die bei ihrer erfolgreichen Umsetzung eine Flammenspur und/oder geborstene Fensterfronten bzw. wacklige Außenwände hinterlassen. In der ersten vom neuen Redaktionskollektiv redaktionell herausgegebenen radikal-Nummer wurde die Aktion militante AgitProp in der Form von mit Schablonen gesprühten Stencils vorgestellt. Also eine Methode, mit der farblich im Stadtbild Präsenz gezeigt werden soll. Diese Aktionsform hat sowohl einen eigenständigen Charakter, sie kann aber auch sehr gut mit anderen Aktionsformen verbunden werden, um die jeweils andere „aufzuwerten“ bzw. verstärkt zu vermitteln. Wir begrüßen es, wenn ein breites Verständnis von (klandestin-militanten) Aktionsformen in der radikal anhand der abgedruckten Anleitungen dokumentiert wird.
Allerdings sollten u.M.n. in der radikal-Bastelecke bevorzugt jene Aktionsmittel einen Darstellungsraum bekommen, die sonst keinen Platz zur Veröffentlichung finden. Der zensurfreie Forumscharakter der klandestin hergestellten und vertriebenen radikal schafft erst die Möglichkeit, überhaupt illegalisierte Methoden, Formen und Mittel des organisierten militanten Widerstandes diskutierbar zu machen. Auch in den beiden neuesten veröffentlichten Büchern zu politischem Widerstand und Protestformen (Martin Balluch: Widerstand in der Demokratie. Ziviler Ungehorsam und konfrontative Kampagne. Klaus Schöneberger, Ove Sutter u.a.: Kommt herunter, reiht euch ein… Eine kleine Geschichte der Protestformen sozialer Bewegungen) bleiben jene, die sich u.a. in der radikal dokumentiert wiederfinden können, weitgehend ausgespart. Ein bisschen steiniger Krawall und  Sachbeschädigungen mit offenem Visier werden in diesen Veröffentlichungen u.a. noch thematisiert. Brand- und Sprengsätze gehören diesen AutorInnen zufolge offenbar nicht zu den „Protestformen sozialer Bewegungen“.
Unsere Grenzziehung verläuft allerdings nicht an der Nahtstelle dessen, was von der Justiz des Klassenstaats als „kriminell“ oder gar „terroristisch“ eingestuft wird. Wir können uns auch nicht auf ein Betätigungsfeld von Formen und Mitteln des zivilen Ungehorsams begrenzen lassen, da es wesentliche Optionen aus dem militanten und bewaffneten Widerstand tabuisiert. Wir können uns als revolutionäre Linke nicht auf einen liberalistischen Kurs einlassen, der stets darauf aus ist, das Gesetzesübertretungen „demokratiepolitisch gerechtfertigt“ sein müssen, damit sie im zivilgesellschaftlichen Sinne noch als legitim durchgehen können. Statt dessen haben wir die gesamte Bandbreite von Methoden des revolutionären Kampfes in Anspruch zu nehmen und einen gesicherten Umgang damit zu erlernen. Tabus und Selbstbeschränkungen gehören nicht zu unserem Selbstverständnis als revolutionäre AktivistInnen. Wir bewegen uns nicht innerhalb des von Staat und Kapital fixierten Gesetzesrahmens; unser Engagement vergeben wir auch nicht für dessen Ausdehnung, auch wenn wir jeden eröffneten Raum taktisch nutzen werden; nein, unser Klasseninteresse liegt in der Sprengung der bürgerlich-kapitalistischen Ordnung –  sinnbildlich und wortwörtlich.
Abschließend noch einige Worte zum Gasaki-Modell: Einerseits erweitern wir damit unsere Palette von einsetzbaren Vorrichtungen des militanten Widerstandes, andererseits stellt uns dieses noch recht unbekannte und wenig erprobte Aktionsmittel – zumindest für unsere Breitengrade – vor einige Herausforderungen. Nicht zu unterschätzen ist in diesem Zusammenhang, dass wir hiermit unsere Bandbreite von Aktionsformen nicht bloß ausdehnen, sondern mit diesem Modell begeben wir uns in die „Sphäre Sprengsatz“ des militanten Widerstands. Im Grunde genommen erhöhen wir damit unser Aktionsniveau um eine (kleine) Stufe. Von einem „Sprung“ in den Bereich (hoch komplizierter)  Sprengsätze mit elektrischen Weckerzündern wollen wir aber nicht sprechen.
Das, was eigentlich unsererseits mit der Aufnahme von Gasaki in unser Warenprogramm stattfindet, ist lediglich eine Anpassung an Aktionsmittel, die in anderen (süd-)europäischen Ländern bereits lange bekannt sind. Dort ist es „üblicher Brauch“, mit Gaskartuschen in der klassenautonomen Auseinandersetzung gegen Einrichtungen von Staat und Kapital zu agieren. Es ist in erster Linie eine Frage von politischer Selbstverständlichkeit, wenn wir uns die zur Verfügung stehenden oder erlernbaren Mittel aneignen, die andernorts positiv Praxis-Tests bestanden haben.

Revolutionäre Aktionszellen (RAZ) , Januar 2010

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