Die revolutionären Kräfte in Brasilien im letzten Jahrhundert Ein Überblick (2. Teil)

Wie wir in der letzten Ausgabe der radikal angekündigt haben, setzen wir den Beitrag zur revolutionären Linken in Brasilien fort. In diesem abschließenden zweiten Teil findet ihr schwerpunktmäßig eine Übersicht über den organisierten Beginn des Guerillakampfes in den ländlichen Regionen Brasiliens bzw. den Metropolen an der Ostküste. Zwei der bewaffnet kämpfenden Organisationen Brasiliens werden porträtiert.
Abgerundet wird dieser Beitrag durch die Dokumentation eines Aufrufs des Vorläufers der ALN von Carlos Marighella, in dem bereits die Grundlinien der Guerillapolitik vor dem Hintergrund der Situation Ende der 60er Jahre in Brasilien skizziert wurden.

Die revolutionären Kräfte in Brasilien im letzten Jahrhundert –
Ein Überblick (2. Teil)

Die Organisierung des Stadtguerillakampfes und die staatliche Reaktion

Marighella und einige andere erfahrene Kader gründeten nach ihrer Rückkehr nach Brasilien die “Agrupamento Comunista de São Paolo” (“Kommunistische Gruppe São Paolo”). Diese erklärte in einem Papier vom Februar 1968 die Notwendigkeit einer klandestinen, gut organisierten und flexiblen Avantgarde-Organisation. Diese soll vor allem kontinuierlich handeln, und sich nicht mit ewigen, unendlichen Diskussionen und Treffen aufhalten. Marighella traf sich mit Oppositionellen der PCB im ganzen Land und noch im Februar wurde die “Agrupamento” auf nationaler Ebene in die “Ação Libertadora Nacional” (ALN – Nationale Befreiungsaktion) umgewandelt. Sie publizierte die klandestine Zeitschrift “O Guerillheiro”, die den Aufbau der Guerilla vorantreiben sollte.
Im “ominösen Jahr 1968″ brachen auch in Brasilien Studentenproteste und Arbeitskämpfe aus: Die Ermordung eines Studenten in Rio im März 1968 trat eine Welle von Demonstrationen in allen Metropolen los, die in einer Großdemonstration von 100.000 Menschen in Rio mündete. Im Zuge dieser Protestwelle wurde der 30. Kongress der UNE (Nationale Studenten-Vereinigung) in Ibiuna aufgelöst sowie alle Delegierte verhaftet. Die Arbeitskämpfe wurden von einer neuen Organisation koordiniert, die ebenfalls von Dissidenten der PCB gegründet worden war, dem “Movimento Intersindical Antiarrocho” (Gewerkschaftsübergreifende Bewegung Antiarrocho). Am 1. Mai vertrieben Arbeiter in São Paolo den Gouverneur samt Anhängsel von der Bühne der offiziellen Feierlichkeiten und zündeten diese an.
Die ALN begann bereits von ihrer Gründung an mit bewaffneten Aktionen. 1968 wurden in São Paolo 11 Banken, 5 Geldtransporter und ein Lohnzug ausgeraubt. Die bewaffneten Aktionen der ALN wurden von den “Grupos Táticos Armados” (Bewaffnete Taktische Gruppen) geplant und durchgeführt. Die Aktivisten der ALN wurden von einer Gruppe trainiert, die bereits Ende 1967 in Kuba eine Guerilla-Ausbildung erhalten hatte. Die ALN entsandte zudem Kundschafter in die Region Bico do Papagaio im Amazonas-Gebiet, um diese auf die Möglichkeiten einer ruralen (ländlichen) Guerilla hin zu untersuchen. Am 12. Oktober führte die ALN zusammen mit einer anderen bewaffneten Organisation, der Vanguarda Popular Revolucionaria (VPR – Revolutionäre Avantgarde des Volkes), in São Paolo die Exekution des Offiziers der US-Armee Charles Rodney Chandler, eines CIA-Agenten und Beraters der Junta, durch.
Die von der ALN als Enteignungen bezeichneten Überfälle wurden von ihr nicht öffentlich erklärt. Daher wusste die Polizei nicht, dass sie es mit einer bewaffneten revolutionären Organisation zu tun hatte, bis im November 1968 der Fahrer eines Fluchtautos unter Folter gestand, der Anführer und Urheber des Überfalls sei Marighella selbst gewesen. Marighella soll an fast allen Aktionen des Jahres 1968 teilgenommen haben. Er wurde daraufhin zum Staatsfeind Nr.1 tituliert. Damit ging nicht nur eine Verschärfung der Repression einher, sondern dies bedeutete ein faktisches Todesurteil gegen Marighella. Als Reaktion bekannte sich Marighella mit dem “Chamamento ao Povo Brasileiro” (“Anrufung des Brasilianischen Volkes”) zu den bewaffneten Aktionen und stellte sie in den Kontext eines bewaffneten Widerstands gegen die Militärdiktatur.
Angesichts der Massenkämpfe führte die Militärjunta am 13. Dezember einen “Putsch im Putsch” durch, den “Ato Institucional n° 5″ (5. Verfassungs-Erlass), der die Scheindemokratie von  1967 endgültig aus den Angeln hob.
Im Januar 1969 nimmt Marighella eine Umdeutung seiner Guerilla-Strategie vor. Die ALN hatte 1968 viel Zulauf erfahren, sie war auf nationaler Ebene gewachsen und hatte viele erfolgreiche Aktionen ausgeführt und wenig Verluste erlitten. Daher maß er den revolutionären Aktionen einen großen Wert zu, sie durften nicht abreißen, denn der revolutionäre Krieg war öffentlich begonnen worden, die ALN befand sich in der Offensive. Im Mai charakterisierte er die bewaffnete Aktion in den Städten, die Stadtguerilla, in dem Text “O Papel Revolucionario na Organisação” (“Die revolutionäre Rolle der Organisierung)” wie folgt: Psychologische Kriegsführung, Enteignungen des brasilianischen und ausländischen Kapitals, Erbeutung von Waffen und Sprengstoff, Zerstörung des Eigentums der US-Imperialisten und die Exekution von Agenten der US-Administration. Im Juni folgte das “Minihandbuch des Stadtguerillero” mit systematischen Grundlagen für den bewaffneten Kampf in den Städten. Abgeschlossen wurde die Umdeutung im September mit dem Beitrag “As Perspectivas da Revolução Brasileira” (“Die Perspektiven der brasilianischen Revolution”): Danach muss die revolutionäre Entwicklung durch die Stadtguerilla begonnen werden, da eine rurale Guerilla einer zu schnellen Umzingelung und Vernichtung ausgesetzt worden wäre. Die urbane Guerilla hatte sich gefestigt und war gewachsen, sie sollte nun als logistischer Ausgangspunkt für eine rurale Guerilla dienen, und aus beiden zusammen würde schließlich die Revolutionäre Volksbefreiungsarmee entstehen. Dieser Umdeutung lag eine Analyse zugrunde, der zufolge sich die Militärdiktatur durch die weltweite ökonomische Krise des Kapitalismus, die Massenkämpfe sowie die bewaffneten Aktionen der Guerilla in die Defensive getrieben sah. Doch entgegen dieser analytischen Überlegungen war die Militärjunta mit dem “AI-5″ in die Offensive gegangen, tatsächlich war sie den bewaffneten Organisationen im Verlauf des Jahres dicht auf den Fersen und befand sich kurz davor, den taktischen Belagerungsring um die Guerilla zu schließen.
Am 4. September 1969 entführte die ALN zusammen mit der “Movimento Revolucionario 8 de Outubro” (MR-8 – Revolutionäre Bewegung 8. Oktober, Todestag des Che) den US-Botschafter Charles Burque Elbrick in Rio. “MR-8″ war eine Namenskreation anlässlich dieser Aktion. Diese PCB-Abspaltung nannte sich zuvor “Dissidência da Guanabara” (“Abtrünnige aus Guanabara”). Die Forderung der gemeinsamen Aktion war die Freilassung von 15 politischen Gefangenen verschiedener revolutionärer Organisationen, selbst der PCB, sowie die öffentliche Verlesung eines politischen Manifests gegen die Militärdiktatur auf allen Fernsehsendern. Das brasilianische Militär kannte den Aufenthaltsort der Entführer, doch die Militärjunta konnte das Leben des US-Botschafters nicht aufs Spiel setzen und ging auf alle Forderungen ein: Die Gefangenen wurden am 7. September gegen den Widerstand der Antiterror-Einheiten nach Mexiko ausgeflogen. Unmittelbar nach der Aktion reagierte das Regime: mit einem weiteren “Verfassungs-Erlass” wurde die Verbannung eingeführt, die gegen die 15 befreiten Gefangenen angewandt wurde. Darüber hinaus wurde die lebenslange Haft und die Todesstrafe für Vergehen gegen die “Nationale Sicherheit” eingeführt. Es folgte eine immense Verhaftungswelle, im Zuge derer landesweit 2000 neue politische Gefangene die Folterkeller des Militär- und Repressionsapparats füllten.
Die ALN geriet durch die Verhaftungen stark unter Druck. Sie konnte noch immer keine Fortschritte im Aufbau einer ruralen Guerillastruktur verzeichnen. Bereits zwei Monate später, am 4. November 1969, wurde Carlos Marighella in São Paolo vom DOPS in eine Falle gelockt und ermordet.
Die ALN führte ihre Stadtguerilla-Aktionen fort, entwickelte jedoch keine rurale Guerilla und wurde letztendlich in den Städten aufgerieben. Diese Entwicklung war allen bewaffneten Organisationen gemein. Von 1970 an begannen die dezimierten Kräfte zusammenzuarbeiten: ALN, VPR, PCBR, MR-8, MRT und VAR-Palmares (Abspaltung der VPR) koordinierten fortan ihre bewaffneten Aktionen und führten gemeinsam politische Diskussionen. Die ALN und VPR vertraten dabei die Vorstellung eines nationalen antiimperialistischen Befreiungskampfes, während die MR-8, die sich hauptsächlich aus ehemaligen studentischen Kadern der PCB zusammensetzte, auf die Notwendigkeit einer sozialistischen Revolution bestand. Von der MR-8 kam auch die Kritik an der Methode der Entführungen, die immer häufiger nach “erfolgreichem” Ausgang in der Verhaftung der Entführer endete.
Es gab faktisch in allen Großstädten bewaffnete Gruppen, deren Praxis in erster Linie aus Enteignungen und Entführungen, aber häufig auch aus Aktionen der bewaffneten Propaganda bestand. Die ALN konzentrierte sich auf São Paolo und Rio, hatte jedoch auch Ableger in Porto Alegre und Salvador, ebenso die VPR. Auch die PCBR und die POC (Partido Operario Comunista – Kommunistische Arbeiterpartei) waren an der Stadtguerilla beteiligt, obwohl sie in erster Linie Abspaltungsparteien der PCB waren, ebenso die PCdoB, die eine Ausdehnung ähnlich der PCB erreichte, doch auch ihre Aktivitäten konzentrierten sich in Rio und São Paolo. Andere Organisationen waren auf eine Stadt konzentriert: Die MR-8 und die Colina (Comando de Libertação Nacional) agierten in Rio, die M3G (Marx-Mao-Marighella-Guevara) in Porto Alegre, die MRT (Movimento Revolucionario Tiradentes) in Rio (später auch São Paolo), die “Movimento Revolucionário 26 de Março” in Porto Alegre, die Rede (Resistencia Democratica – Demokratischer Widerstand) in São Paolo. Die Spuren weiterer bewaffneter Organismen haben sich im Laufe der Zeit verloren und müssen erst wiedergefunden werden.
Das Jahr 1970 bedeutete vor allem für die Repressionsorgane eine Bündelung der Kräfte. Im Juni nahm der Verteidigungsminister Orlando Geisel eine Umstrukturierung des militärischen Repressionsapparats vor: Brasilien wurde in vier ZDIs (Zona de Defesa Interna – Innere Verteidigungs-Zone) aufgeteilt, die den Heereskommandos I-IV untergeordnet wurden. Für diese ZDIs wurden DOI-CODIs geschaffen, deren Vorbild die “Operação Bandeirantes” in São Paolo war. Die OBAN, eine koordinierte Repressionsbehörde von DOPS und CIE war mit finanziellen Mitteln nationaler und ausländischer Firmen als Modellprojekt ins Leben gerufen worden, um die “bewaffneten Terroristen”, die sie bedrohten, effektiver zu bekämpfen. Zumindest für São Paolo ist bekannt, dass die Firmen auch in den folgenden Jahren Schutzgelder an die Anti-Terror-Behörden entrichteten, mit denen nicht zuletzt die paramilitärischen Todesschwadrone finanziert wurden.
Das CODI (Centro de Operações de Defesa Interna – Zentrum für Operationen der Inneren Sicherheit) war eine Institution, in der die Nachrichtendienste des Militärs mit der zivilen Polizei koordiniert wurden; ihr operativer Arm waren die DOIs (Destacamento de Operações de Informações – Einheiten für Informations-Operationen). Die DOI-CODIs waren systematische Folter-Zentren, die die Stadtguerilla letztlich in die Knie zwangen. Tausende Menschen wurden hier in den 70er Jahren gefoltert, politische Basis-Aktivisten, Stadtguerilleros und Angehörige. Die zahlreichen Methoden der Folter hier aufzuzählen, erscheint nicht notwendig, sie sind im letzten Jahrhundert und bis zum heutigen Tag in vielen Volks- und Befreiungskriegen auf der ganzen Welt angewandt worden. Es ist jedoch zu erwähnen, dass die CIA in Brasilien die Terror-Techniken ihrer Panama-Schule erprobte und die brasilianischen “Spezialisten” ihre Erfahrungen in den nächsten Jahren im Rahmen des “Plan Condor” an die Militärdiktaturen in den Nachbarstaaten weiterreichten. Viele der politischen Kader wurden bis zum Tod gefoltert, beispielsweise Mario Alves, Gründungs- und ZK-Mitglied der PCBR, der in Rio im DOI-CODI nach tagelanger Folter spurlos verschwand (seine Verhaftung wurde nie offiziell anerkannt). Doch auch außerhalb der offiziellen Einrichtungen der DOI-CODIs wurde gefoltert. Todesschwadrone und andere paramilitärische faschistische Organisationen wie das “Comando de Caça aos Comunistas” (Kommando Jagd auf Kommunisten), deren Aktivisten größtenteils Angehörige der Repressionsorgane waren, entführten, folterten und ermordeten linke AktivistInnen. So wurde Joaquim Câmara Ferreira, Führungskader der ALN, nach seiner Verhaftung durch den infamen Chef des DOPS von São Paolo, Sérgio Paranhos Fleury (der auch für die Ermordung Marighellas verantwortlich war), an einen “inoffiziellen” Ort verschleppt. Câmara Ferreira und viele andere wurden in solchen “klandestinen” Folterstätten getötet und gelten seitdem als verschwunden. Doch die meisten wurden von Militärgerichten zu langen Haftstrafen verurteilt und saßen diese in Militärgefängnissen oder auf der als Hochsicherheitsgefängnis für politische Gefangene wiederbelebten Gefängnisinsel Ilha Grande ab.
Nach wie vor gibt es viele Verschwundene, da das Militär nie seine Archive öffnete. Von daher gibt es auch keine genauen Zahlen, doch wurden weit über 10.000 Menschen in den Jahren der Militärdiktatur in Brasilien durch Folter malträtiert.

Zum Abschluss wollen wir noch zwei bewaffnete Organisationen in einem Kurz-Portrait vorstellen, die über einen gewissen Einfluss in der revolutionären Linken Brasiliens verfügten.

Die Vanguarda Popular Revolucionaria – VPR

Die VPR setzte sich hauptsächlich aus ehemaligen Militärs zusammen und folgte einer strikt foquistischen Linie, die auf Debray zurückgeht. Ihr prominentester Anführer war der junge Offizier Carlos Lamarca, der zusammen mit vier seiner Soldaten am 24. Januar 1969 aus seiner Kaserne desertierte und dabei 63 Sturmgewehre und drei schwere Maschinengewehre erbeutete.
Lamarca war vor seiner Desertion versichert worden, die VPR sei kurz davor, einen ruralen Guerillakampf zu beginnen. Eine Zusicherung, die sich als etwas übertrieben herausstellte. 1969 fusionierte die VPR mit dem “Comando de Libertação Nacional” (Colina) aus Rio und hieß fortan “VAR-Palmares” (Bewaffnete Revolutionäre Avantgarde – Palmares), mit landesweit über 300 Aktivisten.
Diese neue Organisation spaltet sich jedoch noch im selben Jahr auf ihrem ersten Kongress über der Frage der ruralen Guerilla; aus der Spaltung geht eine Minderheitsfraktion unter Führung Lamarcas mit 60% der Finanzen und einem Großteil der Waffen als neu gegründete VPR hervor, die sich auf dem schnellstmöglichen Wege dem Aufbau einer ruralen Guerilla widmen will. Sie hat dafür zwei Regionen im Nordosten Brasiliens im Auge, konzentriert sich jedoch zunächst auf die Ausbildung ihrer Guerilleros und richtet zu diesem Zweck ein Lager im Innern des Staats São Paolo ein. Das Ausbildungslager befindet sich nahe eines zur Tarnung aufgekauften Gehöfts im Tal des Ribeira.
Im Januar 1970 beginnt das Training der 17 Guerilleros. Doch im März hat einer der Führungskader einen Auto-Unfall in São Paolo, bei dem er ohnmächtig in einem Auto voll mit politischen Unterlagen, Waffen und Munition gefunden und dem DOPS übergeben wird. Die VPR befürchtet, dass er unter Folter die Lage des Lagers verraten könnte und entführt am 11. März zusammen mit der Resistencia Democratica (Rede) und der MRT den japanischen General-Konsul in São Paolo. Diese Aktion verläuft erfolgreich, denn der verunglückte Kader kommt frei.
Kurz darauf verraten zwei andere Gefangene die Lage des Lagers und so beschließen die Guerilleros im April d.J. aus Sicherheitsgründen das Camp in kleinen Gruppen zu räumen. Die erste Gruppe entkommt der taktischen Umzingelung, doch die restlichen 9 Guerilleros sitzen in der Falle. Vom 21. April bis zum 31. Mai werden die 9 Guerilleros von 20.000 Soldaten gejagt, sie nehmen 18 Soldaten gefangen und töten 10 weitere. Lamarca entkommt mit zwei Genossen, die restlichen werden gefangen genommen. Innerhalb der Streitkräfte erhält Lamarca nach diesem “taktischen Meisterstück” einen legendären Ruf. Nach der Ermordung Marighellas ist er nun der Staatsfeind Nr. 1.
Am 11. Juni 1970 entführen VPR und ALN in einer gemeinsamen Aktion den deutschen Botschafter in Brasilien Ehrenfried von Hollebenin in Rio. Am folgenden Tag geht die Regierung auf die erste Forderung ein und lässt eine Erklärung des Kommandos verlesen, am Tag darauf werden 40 politische Gefangene nach Algerien ausgeflogen.
Am 7. Dezember 1970 entführt die VPR ebenfalls in Rio den Schweizer Botschafter Giovanni Enrico Bucher. Doch diesmal verhandelt das Regime mit neuer Taktik: Stück für Stück reduziert sie die Forderungen der Entführer. Eine öffentliche Erklärung der entführenden Aktivisten wird nicht zugelassen, die Freilassung einzelner Gefangener, die auf  einer Liste mit 70 Namen aufgeführt sind, wird abgelehnt. Die Verhandlungen werden in die Länge gezogen und kommen erst nach 40 Tagen zu einem Abschluss.
Aufgrund taktischer Differenzen während der Aktion gerät Lamarca unter Druck und erklärt am 22. März 1971 seinen Austritt aus der VPR, die er als zu avantgardistisch kritisiert. Er tritt der MR-8 bei, deren Positionen er sich schon seit längerem angenähert hatte. Die MR-8 befindet sich auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung als sie im Mai 1971 vernichtend von der Repression getroffen wird. Lamarca flieht nach Salvador da Bahia, im Nordosten Brasiliens, und von dort im Juni mit einem Genossen der MR-8 zu dessen Familie ins Landesinnere des Bundesstaates Bahia. Dort lebt er versteckt in der Steppe und beginnt in einer Dorfschule zu unterrichten. Doch am 17. September 1971 holt ihn die Repression ein. Lamarca wird von Soldaten der politischen Militärpolizei DOI-CODI auf der Flucht im Schlaf überrascht und erschossen.
Das Ende der Stadtguerilla in Brasilien lässt sich nicht genau festlegen, allerdings kann festgestellt werden, dass gegen Mitte des Jahres 1973 nur noch wenige isolierte bewaffnete Zellen aktiv waren. Diese waren beständig vor der Repression auf der Flucht, politisch in der Defensive und verschwanden letztlich auf die eine oder andere Art organisatorisch völlig von der Bildfläche.

Die PCdoB und die “Guerillha do Araguaia”

Eine Ausnahme in der Entwicklung der revolutionären Linken war die PCdoB. Obwohl einige ihrer Aktivisten als “Ala Vermelha do PcdoB” (Roter Flügel) an Stadtguerilla-Aktionen beteiligt sind, liegt der Hauptschwerpunkt der militärischen Aktivitäten der Partei im Aufbau einer Guerilla im Innern des Amazonas-Urwalds, im Gebiet des Araguaia-Flusses, der der Guerilla ihren Namen gab. Das Gebiet liegt zwischen den Bundesstaaten Pará, Goiás und Maranhão. Ende der 60er Jahre war dies eines der zurückgebliebensten Gebiete Brasiliens. 1966 begannen Aktivisten der PCdoB in das Gebiet zu kommen und sich einzuleben. Sie gingen in der Bevölkerung auf und waren aufgrund ihrer Verdienste für die Gemeinden hoch angesehen. Anfangs sind es 63 Guerilleros, im späteren organisatorischen Verlauf kann von etwa 100 ausgegangen werden.
Am Projekt der “Guerilla vom Araguaia” nahmen auch einige der erfahrendsten Kader der PCdoB teil, u.a. Mauricio Grabois, João Amazonas und Elza Monnerat. Diese waren zu diesem Zeitpunkt alle drei bereits jenseits der 60 Jahre. Die 63 Guerilleros waren in drei Kommandos von jeweils 21 Kämpfern unterteilt. In erster Linie lebten sie als arme Bauern getarnt und integrierten sich in das örtliche Leben. Nebenher trainierten sie für die Guerilla und machten sich mit dem Dschungel vertraut. Ihre Waffen verschafften sie sich in der Region, es waren dieselben, wie sie von der Bevölkerung benutzt wurden.
Das Militär führte insgesamt drei Kampagnen gegen die Guerilla durch: Nachdem die örtliche Polizei 1972 die Präsenz “verdächtiger Subversiver” gemeldet hatte, wurde eine Gruppe von “Aufstandsexperten” ins Gebiet entsandt. Diese trafen die Fehleinschätzung, dass es sich um linke Studenten handele, die sich nur übergangsweise ins Dickicht geflüchtet hätten.
Am 12. April 1972 kamen 2000 Soldaten der BIS (Dschungel-Infanterie-Brigaden) in das Gebiet, um “die Terroristen” unschädlich zu machen. Dies misslang. Die Guerilla war in den Dschungel ausgewichen und auf diesem Gebiet war sie den unerfahrenen Rekruten weit überlegen. Sie lauerten den Patroullien auf, töteten einzelne Soldaten und “terrorisierten” den Rest der Truppe. Die Agenten des militärischen Nachrichtendienstes folterten derweil Angehörige der örtlichen Bevölkerung. Dies bereitete dem ersten Kommuniqué der FORGA (Forças Guerillheiras do Araguaia/Guerilla-Kräfte des Araguaia) einen “fruchtbaren Boden”. Die Bevölkerung unterstützte die Guerilleros auch logistisch, half ihnen mit Lebensmitteln aus und beschaffte Informationen. Die Regierungstruppen zogen Ende Juni ohne Erfolge und mit vielen Verlusten ab. Die Guerilleros kehrten unbesiegt aus dem Dschungel zurück und begannen die Bevölkerung in der “União para a Libertade do Povo” (ULDP – Bündnis für die Freiheit des Volkes) zu organisieren. In den 20 Organisationszellen der ULDP wird das “Programm der 27 Punkte” erstellt, das Forderungen der Bevölkerung aufzählt und die Charta der Guerilla wird. Die FORGA verteilte in diesem Zeitraum 5000 Exemplare ihrer Kommuniqués und begann die Zeitung “O Araguaia” herauszugeben (diese Schriften wurden in São Paolo von klandestinen Druckereien der PCdoB gedruckt und regelmäßig in die Region gebracht).
Die zweite Kampagne des Militärs dauerte nur zwei Monate (September/Oktober 1972); doch kamen diesmal Einheiten, die im Guerillakrieg ausgebildet waren. Dennoch waren sie den Guerilleros aufgrund ihrer Unkenntnis des Geländes unterlegen. Sie konnten diesen Nachteil auch nicht durch aus der Bevölkerung rekrutierte Handlanger ausgleichen. Allerdings erkannte die Militärführung schnell, dass sie mit dem Terror, den sie in der Bevölkerung gesät hatte, gute Überzeugungsarbeit für die Guerilla geleistet hatte. Erneut zog das Militär unverrichteter Dinge ab.
Dieser erneute Sieg der Guerilleros ließ sie in den Augen der Bevölkerung zum Teil als unbesiegbare “Urwaldgeister” erscheinen. Diese “Unbesiegbarkeit der Guerilla” schlug sich auch in der lokalen Folklore nieder. Die ULDP erhält nun Zulauf zu Hunderten und aus ihren Reihen verstärkte sich die Guerilla auf etwa hundert Kämpfer. Die Nachrichtendienste des Militärs beginnen zu diesem Zeitpunkt, die Region mit Agenten aus ihren Anti-Guerilla-Spezialeinheiten zu infiltrieren, die sich in Guerillero-Manier unter die Bevölkerung mischten. Die Warnungen der Guerilla greifen nicht und die örtliche Bevölkerung tut diese Bedenken ab. Die Guerilla will keinen Unmut erzeugen und lässt die Neuankömmlinge fahrlässigerweise in Frieden.
Als das Militär im Oktober 1973 in die Region zurückkehrt, rächen sich diese Fehler. Erfahrene Fallschirmspringer-Spezialeinheiten, die sich in ihrem Aussehen kaum von Guerilleros unterscheiden, dringen in die Dörfer ein und entführen mit Hilfe ihrer Spitzel mehrere hundert Unterstützer der ULDP. Sie werden in ein Gefangenen-Lager auf dem Flugplatz der Stadt Xamboiá gebracht und unter Folter verhört. Die gezielte, systematische Folter verunsichert die Bevölkerung effektiver als die wahllose. Anstatt – wie zuvor – als allgemeines Unrecht zu erscheinen, bestraft sie nun die Unterstützung der Guerilla, die so nach und nach ihrer sozialen Basis beraubt wird.
Ein weiterer taktischer Fehler wird der Guerilla zum Verhängnis. Anstatt den Truppen durch eine Verlagerung des Kampfgebietes auszuweichen, klammert sie sich an ihr angestammtes Territorium, was letztlich einem Stellungskrieg gleichkommt. Die FORGA erklären im Dezember 1973 ihre Auflösung, doch die Kämpfe in der Region dauern noch bis Januar 1975 an. Die wenigsten Guerilleros haben sie überlebt. Die Order der Streitkräfte war, die Aufständischen zu vernichten. Die meisten gelten noch heute als verschwunden. Das Militär blieb auch nach 1975 mit verstärkter Truppenstärke in der Region präsent und startete gezielte ideologische Programme, um die Erinnerung an die Guerilla auszuradieren und die Bevölkerung einer sozialen Kontrolle zu unterwerfen.

Aufruf der Kommunistischen Gruppe von Sao Paulo
(Februar 1968)

Mit diesem Aufruf, den wir durch dieses Dokument veröffentlichen, wollen wir unseren Standpunkt in Bezug darauf, wie der bewaffnete Kampf in Brasilien zu führen ist, bekannt machen.
Zu dieser Gruppe gehören die Kommunisten von Sao Paulo, die mit dem Zentralkomitee (ZK) der Kommunistischen Partei nicht übereinstimmten, da sie von der pazifistischen Linie abwichen und sich ausgeschlossen sahen oder Opfer anderer Willkürmaßnahmen wurden, ohne dass sie die Möglichkeit hatten, sich zu verteidigen, da man sie zu den Sitzungen, in denen ihr Ausschluss beschlossen wurde, nicht einlud.
Unsere Trennung vom Zentralkomitee der KP hat den Charakter eines endgültigen Bruchs. Dieser Bruch wurde in seiner ganzen Tragweite auf der Konferenz der OLAS (Organisation der lateinamerikanischen Solidarität) sichtbar, als das ZK alle, die nicht mit der pazifistischen Linie übereinstimmten, tadelte und Strafmaßnahmen von äußerster Härte gegen sie ergriff.
Diese Maßnahmen wurden ratifiziert und nach Diskussionen auf dem VI. Kongress der KPB (Mitte 1966), der in Abwesenheit der Abweichenden stattfand und zu einem Betrug wurde, sogar noch verschärft. Nicht einmal die Delegierten von Sao Paulo oder ihre Ersatzmänner wurden geladen.

Unsere Stellung in Bezug auf die OLAS

In Bezug auf den bewaffneten Kampf haben wir schon früher verschiedentlich unsere Position definiert: wir haben immer versichert, daß wir für den bewaffneten Weg der Revolution eintreten.
Was die OLAS betrifft, unterstützen und billigen wir die “Allgemeine Deklaration” dieser Konferenz und wir finden, daß es nötig ist, die 20 letzten und wesentlichen Punkte dieses Dokumentes zu lesen, darüber nachzudenken und ihre Richtlinien zu befolgen. Die politische Linie der “Allgemeinen Deklaration” der OLAS ist auch unsere Linie.

Die Guerilla ist kein Focus

In Bezug auf die Guerilla ist unsere Ansicht die der Konferenz der OLAS, die im Punkt 10 ihrer “Allgemeinen Deklaration” die Guerilla als Embryo der Befreiungsarmee darstellt und als die wirksamste Methode für die meisten lateinamerikanischen Länder, den bewaffneten Kampf zu beginnen und zu entwickeln.
Es handelt sich folglich nicht darum, die Guerilla als einen “Focus” zu entfachen, wie unsere Feinde es behaupten, wobei sie uns wegen etwas anklagen, was wir niemals vorgaben tun zu wollen.
Ein “Focus” würde bedeuten, daß man eine Gruppe bewaffneter Männer an irgendeinen Ort in Brasilien bringt und darauf wartet, daß als Folge davon andere “Foci” in verschiedenen Gegenden des Landes entstehen. Wenn wir auf diese Weise handelten, würden wir eine typisch spontaneistische Haltung einnehmen und das wäre ein verhängnisvoller Irrtum.
Wir glauben, daß die brasilianische Guerilla keinerlei Möglichkeit hat zu siegen, wenn sie nicht Teil eines globalen strategischen und taktischen Planes ist.
Das bedeutet, daß die Guerilla Vorbereitung braucht und daß ihre Entfesselung  von eben dieser Vorbereitung abhängt. Die Vorbereitung einer Guerilla ist etwas sehr Komplexes und Ernstes und darf nicht leicht genommen werden. Diese Vorbereitung erfordert das Training des Kämpfers, das Sammeln von Waffen, die Wahl des Geländes und der zu befolgenden Strategie und Taktik und schließlich einen Plan zur logistischen Unterstützung.

Logistische Unterstützung und globale Struktur der Guerilla

Mit der Ausführung des Planes zur logistischen Unterstützung muß man schon heute beginnen. Für ihn hat die Arbeit in den Städten eine entscheidende Bedeutung, da ein Sieg der brasilianischen Guerilla ohne die Unterstützung der Städte undenkbar ist. Der “campesino” seinerseits ist der entscheidende Faktor der brasilianischen Revolution und es wird der Guerilla niemals gelingen sich festzusetzen, ohne daß diese logistische Arbeit unter den “campesinos” geleistet wird, solange sie noch nicht eng diesen verbunden ist und nicht mit ihrer Hilfe rechnet.
Zum Schuß: das, was wir wollen ist, die globale Struktur zu schaffen, die notwendig ist, um eine Guerilla entfesseln und anwachsen zu lassen, eine Guerilla mit einem Arbeiter-campesino-Kern, die sich in eine revolutionäre Befreiungsarmee verwandeln soll. Für uns ist die Guerilla die revolutionäre Avantgarde, d.h. der wesentliche Kern, und sie stellt den Mittelpunkt der Bemühungen der Kommunisten und der übrigen Patrioten dar.
(…)

Wir brauchen eine revolutionäre Organisation

Eine Organisation wie das alte Schulungskomitee und ihre untergeordneten Organe nach dem Muster des ZK, mit ihren Hilfskräften, Assistenten usw., eignet sich nicht für den bewaffneten Kampf und noch weniger für die Guerilla, die hervorragender Ausdruck des revolutionären Krieges ist.
Wir benötigen jetzt eine geheime, kleine, gut strukturierte, flexible und bewegliche Organisation. Eine Organisation der Avantgarde, um zu handeln, um ständig und täglich die revolutionäre Aktion durchzuführen und nicht um sich in endlose Diskussionen und Versammlungen zu verwickeln.
Eine wachsame Organisation, streng gegen Verräter, die wirksame Sicherheitsmaßnahmen anwendet, damit sie nicht von der Polizei zerstört werden kann und der Feind sich infiltriert.
Die Mitglieder dieser Organisation sind Männer und Frauen, die entschlossen sind, die Revolution zu machen. Die Kommunisten dieser Organisation sind Genossen und Genossinnen, die Initiative besitzen, die frei sind von Bürokratie und Routine, die nicht auf die gewählten Assistenten warten und nicht die Arme verschränken und auf Befehle warten.
Niemand muß zu dieser Organisation gehören. Diejenigen, die sie so wie sie ist akzeptieren, die eintreten und einen Teil von ihr bilden, tun dies FREIWILLIG, weil sie sich ausschließlich der Revolution verpflichten wollen.

Die revolutionäre Demokratie

Die Demokratie dieser Organisation ist die revolutionäre Demokratie, in der das, was gilt, die Aktion ist, das, worauf man achtet, die Interessen der Revolution sind und in der die konkrete Initiative die wesentliche Pflicht ist.
Die Prinzipien, nach denen diese Organisation geleitet wird, sind folgende:
Die Pflicht jedes Revolutionärs ist es, die Revolution zu machen.
Wir bitten niemand um Erlaubnis, um revolutionäre Aktionen durchzuführen.
Wir fühlen uns nur der Revolution verpflichtet.

Die Ausgangspunkte der revolutionären Organisationen

Diese Organisation fängt an, durch den Willen der Revolutionäre und ohne irgendjemand um Erlaubnis zu fragen, sich zu konstituieren, woran sich die aufständischen Kommunisten und die Organisationen und Gruppen, die im Widerspruch zum ZK stehen und sich niemals deren Willkürlichkeiten unterwerfen werden, beteiligen.
Aus dieser Opposition entstand ein kleines Koordinationszentrum, das schon in der Funktion der Guerilla besteht. Aus dieser Opposition entstehen augenblicklich auch revolutionäre Gruppen.
Wir denken, daß die Zeit gekommen ist, mit den endlosen internen Diskussionen aufzuhören, und nicht noch mehr Zeit im Kampf mit dem ZK zu verlieren.
Wir wollen nicht eine weitere kommunistische Partei und auch nichts Ähnliches gründen. Das, was wir wollen, ist die revolutionäre Aktion, die Vorbereitung und die Entfesselung der Guerilla. Das, was wir uns mit unserer Entscheidung JETZT ZU KÄMPFEN vornehmen, ist die revolutionären Kräfte zu befreien, die bis jetzt unterdrückt waren, und sie bis zur äußersten Spannungsgrenze anzuspannen.

Was sind revolutionäre Gruppen?

Beim Kampf ist es unbedingt nötig, auf revolutionäre Gruppen zählen zu können. Derjenige, der zum bewaffneten Kampf schreitet, muß wissen, daß er sich der ständig wachsenden Wut der Reaktion entgegenstellen muß, und er muß darauf vorbereitet sein. Die großen und schwerfälligen Organisationen sind der Tode eines jeden Revolutionärs. Und das ist die Gefahr, die die städtischen Komitees und die von den alten Strukturen herstammenden Organisationen mitbringen.
Die revolutionären Gruppen bilden die Basis der revolutionären Organisation. Es sind kleine Gruppen, die aus den Revolutionären mit der meisten Initiative und der größten Kampffähigkeit bestehen.
Es gibt Gruppen, die die erste Stufe der revolutionären Organisation darstellen, eine Stufe, die entscheidende Verantwortung für den bewaffneten Kampf und das Errichten der globalen Struktur der Guerilla trägt.
Der Name, den diese revolutionären Gruppen haben, ist recht unwichtig. Das wesentliche ist, daß sie zur unmittelbaren revolutionären Aktion schreiten.
Wir alle müssen, ohne Ausnahme, revolutionäre Gruppen organisieren oder zu ihnen gehören. Das Hauptkommando liegt bei der Guerilla, wo immer sie auch ist. Für sie müssen wir arbeiten und ihr die Ausführung aller Aufgaben unterordnen.

Die revolutionären Aufgaben

Es gibt keinen Kommunisten und keinen Patrioten, der nicht eine Aufgabe zu erfüllen hätte. Die Gruppen der ersten Stufe erfüllen jede Aufgabe, insbesondere die schwierigsten.
Die Aufgaben, die am stärksten zur Guerilla in Verbindung stehen, oder die diese für jeden beliebigen Augenblick bestimmt, haben Priorität. In der augenblicklichen Phase sind das die Aufgaben der Vorbereitung der Guerilla und der logistischen Unterstützung. Zu den Aufgaben, die für die Vorbereitung der Guerilla nötig sind, gehört die Organisation von Schieß-Lehrgängen, die Auswahl und das Trainieren der Kämpfer. Das Training kann in Märchen, Übernachten im Freien und im Einüben der Selbstverteidigung bestehen.
Man sollte Waffen kaufen oder herstellen, ebenso wie auch Munition und Patronengürtel. Die revolutionären Gruppen müssen geheimes Material drucken und verteilen. Man sollte sofort Gruppen zur finanziellen Unterstützung organisieren, um Geld für die Kasse der Guerilla zu erhalten.
In den Städten müssen Sabotage- wie auch bewaffnete Gruppen gegründet werden. Auch wenn  sie aus Arbeitern und campesinos bestehen, müssen sie sich auf eigene Verantwortung trainieren und sich zur Guerilla schlagen, sobald diese entfesselt ist.
Man muß Gruppen von Stadtguerillas schaffen; fliegende Komitees ohne festen Sitz. Außerdem sind Heckenschützen nötig, um in den Städten ein Klima des Aufstands zu erhalten, während sich auf dem Land die Guerilla entwickelt.
Man muß die politische Agitation der Massen in Gang bringen, indem man Flugblätter an den Fabriktoren und in den Fabriken verteilt und Parolen an den Wänden hinterlässt, die von bewaffneten Gruppen bewacht werden.
Die Arbeit unter den Massen zugunsten der anti-amerikanischen Einstellung muß weitergeführt werden, indem man die Nordamerikaner, die in Brasilien arbeiten – sei es im Innern oder in den Städten – bestraft. Die Verteidigung des Amazonasgebietes und unserer Souveränität verlangt, daß wir zur direkten Aktion schreiten.
Die gewerkschaftliche Massenbewegung muß von unten nach oben vorgehen, das System der von der Führung auferlegten Arbeit verlassen und zu radikalisieren versuchen mit der Absicht, die Regierung zu demaskieren und den revolutionären Kampfgeist unter den Arbeitern zu wecken.
Man soll die Besetzung von Ländereien anregen und aus der organisatorischen Arbeit der ländlichen Gewerkschaften ein Mittel machen, um den Klassenkampf auf dem Land zu entfesseln und revolutionäre Unterstützung für die Guerilla zu bekommen, indem man ihr neue Stützpunkte verschafft, und die campesinos mit den von den Großgrundbesitzern abgenommenen Waffen bewaffnet.
Die Frauen und junge Leute, besonders die Studenten, müssen sich in spezifischen oder gemischten Gruppen organisieren, damit sie – abgesehen von den allgemeinen Aufgaben – spezielle revolutionäre Aufgaben und Missionen erfüllen können.
Entscheidend ist es, daß die bewaffnete Allianz zwischen campesinos und Arbeitern sich in der Organisierung des Hauptkerns der Guerilla zu verwirklichen beginnt, was man dadurch erreicht, daß man mit den Arbeitern in den Fabriken und den campesinos revolutionäre arbeitet. Der Sinn dieser Arbeit muß sein, daß die Arbeiter und campesinos, die von den bewaffneten Gruppen und der Aktion in Stadt und Land stammen, sich zum Guerillakampf und zu Guerillagruppen vereinigen.
Die Verwirklichung all dieser Aufgaben, deren Ziel es ist, der Guerilla die notwendige logistische Unterstützung zu geben, wird ihrerseits den revolutionären Gruppen gestatten, ein ausgedehntes und festes revolutionäres Netz zu bilden, das vom Volk unterstützt und die Hauptgrundlage der Guerilla bilden wird.

Warum wir nicht eine weitere kommunistische Partei gründen

Die kommunistische Gruppe von Sao Paulo ist gegen die Organisation einer weiteren kommunistischen Partei. Wir wollen nicht eine weitere kommunistische Partei gründen, denn das wäre eine Rückkehr zu den alten Diskussionen und eine Wiederholung der alten Parteistruktur, was alles der unmittelbaren revolutionären Aktivität schaden würde. Unsere Strategie ist es, direkt zur Aktion, zum bewaffneten Kampf zu schreiten. Das theoretische Konzept, das uns dabei leitet, ist, daß die Aktion die Avantgarde hervorbringt. Es wäre unverzeihlich, wenn wir Zeit damit verlieren würden, eine neue Führungsspitze einzurichten, die sog. Programmatischen und taktischen Dokumente zu veröffentlichen, neue Konferenzen einzuberufen, aus denen ein neues ZK hervorgehen würde mit seinen alten, schon bekannten Mängeln. Heute ist es nicht mehr der Diskussionskreis, der die Revolutionäre vereint. Das, was die brasilianischen Revolutionäre vereint, ist die Aktion, und die Aktion ist die Guerilla.
Nur indem wir für sie arbeiten, ohne Debatten über diese oder jene Führungsbestrebungen, ohne uns in die Angelegenheiten der anderen Organisationen zu mischen und ohne die Organisation vermischen zu wollen, nur so werden wir Kräfte sammeln können, um die Guerilla zu entfesseln; dann ist es unsere Aufgabe, die Revolution zu machen.
Zum Schluß wird aus der Guerilla die revolutionäre brasilianische Avantgarde hervorgehen. Woran wir augenblicklich interessiert sind, ist, gründlich für die Guerilla zu arbeiten. Und die Guerilla wird zu einer Zeit, auf eine Art und an einem Ort entstehen, wo die Gorillas und die Imperialisten der USA es am wenigsten erwarten.
Für uns gilt das Beispiel des “heroischen Guerillero” Che Guevara.

Kommunistische Gruppe von Sao Paulo

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