Text zur radikal und militanter Organisierung aus der Interim 706 (März 2010)

Als wir vor ein paar Wochen die zweite Ausgabe der (RL)-radikal in unseren Händen hielten, waren die Meinungen sofort wieder gespalten. Ein Teil von uns sah ein, dass es dem neuen Kollektiv wohl ernster mit dem Projekt ist und die letzte Ausgabe wohl nicht zur Eintagsfliege verkommt und wir uns mit ihr auseinandersetzen sollten. Der andere Teil war nach dem ersten Blättern genauso angewidert, wie nach dem Lesen der letzten Ausgabe. Die Gründe sind vielfältig. Auf wesentliche Punkte der Kritik wurde im Vorwort der Ausgabe 162 eingegangen. Der Hauptkritikpunkt der fehlenden Postadresse, um Beiträge einsenden zu können, wurde uns allen ja irgendwie erklärt. Wir sehen es ein, dass das Einrichten einer Adresse, mit der mensch auch arbeiten kann, nicht immer leicht ist. Allerdings hätten wir es gerne gesehen, dass wie schon in der Vergangenheit diese Adresse außerhalb der BRD liegt. Genauso kommt es uns in massiver Weise komisch vor, dass es erstens eine (Pop)-Internetseite gibt und diese dann auch noch bei einem deutschen Provider liegt. Sicher, der Umgang im Netz sollte selbstverständlich immer so erfolgen, dass es eigentlich egal sein müsste, wo ihr draufklickt, da ihr sowieso anonym seid. Allerdings werfen wir euch vor, dass ihr nicht konsequent mit euch seid. Der Provider Arcor als Anlaufstelle ist nun wirklich das Letzte. Wir wundern uns sowieso, dass die Zensur im Netz, bei der Arcor immer gerne eine Vorreiterrolle spielt, noch nicht beim radi 162 Auftritt zugeschlagen hat. Wir denken uns dann unseren Teil und müssen unser Fazit daraus ziehen, dass ihr den Behörden somit einiges an Daten liefert, auch wenn ihr es vielleicht unbeabsichtigt tut.
Ein weiterer Punkt ist die Rotfärbung der (RL)-radikal. Wir geben euch recht, dass die lange Zeit, in der die radi nicht erschienen ist, schmerzhaft war und einige Kollektive das Projekt in die eigene Hand hätten nehmen können. Das sogenannte Copyright auf die radi, das sehen wir selber ein, gibt es nicht. Dennoch betreibt ihr ein Kadergequatsche, was wir so nicht akzeptieren wollen. Ihr schreibt: (Wie wir schon in der Nummer 161 darlegten, haben uns die gemeinsamen Diskussionen über die verschiedenen Beiträge der Militanzdebatte bzw. über die Möglichkeiten eines komplexen revolutionären Aufbauprozesses zusammengeführt.) Ihr gebt den Anschein als (revolutionäre Linke), als säßet ihr bereits fest im Sattel und reitet voran. Das können wir so nicht stehen lassen und streuen euch eine Handvoll Murmeln unter die Hufe, um euch aus dem Sattel zu holen. Damit auf gleicher Augenhöhe der Prozess vorangetrieben werden kann. Wir sehen uns als anarchistische, autonome Zusammenhänge. Militante Politik ist bereits Teil unseres Alltages. Viele Operationen, die in der Vergangenheit ausgeführt wurden, waren Erfolge. In der Form, wie sich anarchistische Zusammenhänge in den letzten Jahren formiert haben, sind wir in massiver Weise arbeitsfähig geworden. Die fehlende Struktur einer festen Organisation lässt uns wenig greifbar werden, unsere Zahl kann nur geschätzt werden. Je nach Fähigkeiten und Stufen militanter Praxis, finden wir uns und schlagen gut geplant zu. Die Operationen der Vergangenheit sprechen für uns. Sicher bilden sich in diesem Terrain natürlich festere Kreise derer, die zu mehr bereit sind und den Aufbau revolutionärer Zellen voranbringen. Wir sehen es ebenso, dass es zu spät ist, wenn ein revolutionärer Prozess beginnt, sich mit bestimmten Formen des Kampfes erst dann zu beschäftigen. Dann ist nicht die Zeit zu lernen, sondern zu kämpfen und das Erlernte und die gewonnene Praxis ins Herz der Bestie zu tragen.
Wir finden die Aktionen der RAZ in den letzten Monaten schon okay. Jedoch haben wir einige Kritik an der Ausführung der Aktionen, nicht aber an der Entschlossenheit, diese durchzuführen. Wir wissen ebenfalls, dass der Druck gerade in Berlin und Hamburg durch das letzte Jahr enorm zugenommen hat und wir in der Planung doppelt hinschauen müssen. Nichts bremst jedoch unsere Entschlossenheit. Der Gasaki-Bausatz ist nett und in anderen Teilen der Welt gehört er zur täglichen Kampfform mit teils beachtlichen Ergebnissen. So sind komplett entglaste Fassaden in Bürovierteln durchaus drin. Das Ankokeln von Türen und Klimaanlagen zeigt bei den Schweinen nach unserer Meinung aber auf Dauer nicht die richtige Wirkung. Wir sehen die Stärke eher in ordentlichen Zündern und den Einsatz innerhalb von Wirtschaftsgebäuden und Ämtern. Das komplette Ausbrennen dieser Agenturen wäre nach unserer Meinung effektiver und der Repressionsgefahr angemessener. Der Feuerschein, der den Gasaki-Bausatz begleitet, lässt diesen Bausatz ebenso zum Problem werden, wie in der Wagensportliga das zu frühe Entdecken des Brandsatzes. Bei der momentanen Brandstreifendichte sehe wir es als relativ risikovoll an, diesen Bausatz außerhalb von Gebäuden zu verwenden, da das Flackern vor der Zündung entdeckt werden könnte und auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Aktivbürger beim Löschversuch schwer verletzt wird oder bei der Aktion draufgeht. Dennoch sehen wir die Aktionen der RAZ als einen ersten gelungenen Ansatz, festerer und beständigerer militanter Politik, auch wenn der feste Gruppenname spätestens seit der Gründung der militanten gruppe (mg) und der daraus resultierenden Repression gegen die Falschen, tabu sein sollte.
Für uns, welche seit einiger Zeit den Kampf gegen die Herrschenden hierzulande aufgenommen haben, ergeben sich jedoch andere Ziele von militanter Politik. Wir sehen als notwendig, direkt dort anzugreifen, wo der Staat sitzt. Das sind für uns immer wieder direkte Angriffe auf die Schweine. Streifen in sozialen Brennpunkten sollten immer in der Angst leben müssen, Opfer eines Hinterhalts zu werden und direkt zur Verantwortung gezogen zu werden für ihre täglichen Schikanen. Direkte Angriffe, das Organisieren von Gefangenenbefreiungen mittels der lokalen Bevölkerung sind die täglichen Formen eines keimenden Aufstands. Das direkte Angreifen von Schweineställen übt für den späteren Angriff auf die Institutionen dieses Staates. Auch die politischen Verantwortlichen müssen unserer Meinung nach noch stärker mit einbezogen werden. Ob in der Wagensportliga beim Abwracken von Politikerkarren, oder beim Päckchen im Briefkasten. Wir müssen aufzeigen, dass wir bereit sind, und im Falle von veränderten Mehrheiten auch andere Mittel einsetzen könnten, um zuzuschlagen. Sabotageaktionen sehen wir ebenfalls als wichtiges Kampfmittel an, welchem wir uns in der nächsten Zeit gemeinsam mehr widmen sollten. Wir müssen bei Arbeitskämpfen konkretere eigene Akzente setzen und diese Kämpfe mehr unterstützen. Mit Freude sehen wir auch die Schläge ins Wasser der Staatsanwaltschaft in Berlin, ein Fiasko nach dem anderen, wir reiben uns die Hände, lassen wir gemeinsam die Henker in Tiergarten nervös werden. Ebenfalls sehen wir, dass die Ziele in der letzten Zeit konkreter werden und die Kollateralschäden vermieden werden, das ist die richtige Richtung. Wir sind keine dahergelaufenden Katzen, die nachts in ihrer Freizeit Runden in ihrer Umgebung drehen. Nein! Wir sind ein unkontrollierbar, sich vermehrender Haufen schwarzer Katzen geworden, die gezielt dort angreifen, wo es weh tut. Mit Entschlossenheit und Ernsthaftigkeit werden wir den Schweinen endgültig den garaus machen.
Als autonome Gruppen sollten wir uns in Zukunft auch weiterhin an militanten Debatten beteiligen, um nicht den K-Gruppen die Fahne zu überlassen. In der radikal als Plattform sehen wir allerdings momentan dafür nicht den geeigneten Ort. Wir schlagen auch weiterhin die Interim vor, oder die diversen internationalen Ticker im Netz. Unsere Aktionen sollten für sich sprechen und die Vermittelbarkeit sich aus dem Resultat ergeben, muss die Aktion erst kompliziert in Pamphleten erklärt werden, wird sie in der Bevölkerung und der Hetzpresse keine Chance haben, sich festzusetzen. Zuletzt würden wir uns wirklich wünschen, dass auch die alten Strukturen ihre Kanäle nutzen, um das Fiasko der neuen radikal positiv zu beeinflussen, sonst sehen wir kaum eine Zukunft für die so liebgewonnene Konstante in der militanten Politik.

Wir lassen nicht locker, denn wir liegen richtig!

eine gruppe aus den autonomen gruppen

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