the hand of the handless

Ein Beitrag zur Militanzdebatte von der Bewegung Schwarzer Phönix

In der Interim 706 beschäftigt sich “eine gruppe aus den autonomen gruppen” mit den Aktionen der RAZ, dem neuen radikal-Kollektiv und militanten Aktionsformen. Unser Text soll an den Text dieser Gruppe und dem Debattenversuch der mg anknüpfen.
Euren Anmerkungen zum neuen radikal-Kollektiv (rl) in der Interim 706 können wir nicht zustimmen! Einer Gruppe, die sich selbst “eine gruppe aus den autonomen gruppen” nennt, hätten wir schon mehr konstruktive Kritik und Strukturvermögen zugetraut. Das Problem der fehlenden Postadresse der radikal wurde einwandfrei durch die E-Mailadresse vom neuen radikal-Kollektiv gelöst. Partizipieren lässt sich auf diesem Weg gut. Wir spielen euch den Ball zurück und fragen: “Wo beteiligt ihr euch an dem Aufbau einer militanten Plattform?” Wir streuen keine Murmeln unter Hufen, wir kleben Stelzen an die Beine.
Es liest sich beinahe so, als ob ihr als Gruppe ausreichend Struktur zur Verfügung haben würdet. Wenn dem so ist, dann helft der rl und stellt eine Postadresse oder einen sicheren Server für die radikal zur Verfügung! Da ihr aber nicht einmal das Know-how zur Verfügung stellt, keine Tipps gebt, glauben wir nur an eine unzureichende Struktur eurerseits. Solange ihr euch nicht ausreichend bewegt, solange reitet die rl voran. Und dabei habt ihr durchaus berechtigte Kritik angeschnitten, wahrscheinlich ohne es zu meinen. Die Texte der rl und der mg sind für einen großen Teil der potenziell interessierten Menschen unverständlich und machen sie nur für einen Bruchteil der Bewegung nutzbar. Hier könnt ihr uns vorwerfen selbst keine konstruktive Kritik zu äußern, denn wir wissen nicht wie die notwendige Länge von Debatten für die vorhandenen defizitären Zustände komprimiert werden kann. Ihr seht, wir können euch auch nicht ausreichend Struktur anbieten – Ob wir überhaupt Gruppenstärke erreichen, können wir aus Repressionsgründen nicht darlegen. Aber ihr könnt euch vorstellen, dass nur wenige Menschen bereit sind von Angesicht zu Angesicht in Gruppen über Militanz zu reden. Wenn überhaupt, dann ist da Angst oder Konsumhaltung zu bemerken. Trotz aller Kritik, Repressionsfurcht und Unterschiede zwischen den militanten Gruppen finden wir es wichtig militante Politik gemeinsam zu machen, gemeinsam eine militante Plattform aufzubauen.
Die Baubeschreibung der “Gasaki” in der Interim 701 ist für den momentanen militanten Grad unbrauchbar. Das geringere Übel an der “Gasaki”, “eine gruppe aus den autonomen gruppen” bemerkte es, ist, dass kein Zünder beschrieben wurde. Die Bemerkung “wird mit den bekannten Methoden gezündet” suggeriert, dass es bekannte Methoden gibt. Aber selbst beim  Nobelkarossentod der Gruppe “Klasse gegen Klasse” (radikal 158) ist der Zünderaufbau unzureichend beschrieben. Das große Übel an der Verwendung der “Gasaki” ist, wie “eine gruppe aus den autonomen gruppen” berechtigt kritisiert, dass dadurch unbeteiligte Menschen gefährdet werden. Wie beschrieben wird, können die sauber abgetrennten Kartuschenteile weit fliegen und Menschen treffen. Wenn der Druck ausreicht um Scheiben zerbersten zu lassen, dann können auch Steinchen vom Boden (und sowieso Glasscherben) aufgewirbelt werden und unbeteiligte, weiter weg stehende Menschen treffen. Es gibt einen Sollbruch bei solchen Kartuschen, jedoch kommt es auch bei Sollbruchstellen zu Ausfransungen und somit zur Splittergefahr. Vor allem wenn das Ganze zusätzlich verdämmt wird, hätten wir eher eine Rohrbombe als einen Zweiteiler mit psychologischen Effekt.
Die Argumentation mit dem psychologischen Effekt ist unserer Meinung nach nur vorgeschoben. Ein Böller am Brandsatz ist da weniger gefährlich und hat ebenso einen “psychologischen Effekt”. In jedem Fall empfehlen wir die “Gasaki” als Sprengsatz zu betrachten und hierfür die Verwendung von Warnhinweisen, ähnlich wie sie die Gruppe das “K.O.M.I.T.E.E.” auslegte, in Betracht zu ziehen.
Die Idee Ämter und Wirtschaftsgebäude von innen anzugreifen, d.h. Brandsätze im inneren zu deponieren und dann von außen zu zünden, damit diese Gebäude komplett ausbrennen, lässt sich technisch umsetzen. Wir gehen davon aus, dass das in Schließzeiten geschehen soll, damit keine Menschen gefährdet werden! Das Problem ist jedoch, das immer mehr “lebende Schutzschilde” genutzt werden. Der prekär beschäftigte Pförtner, die nachts arbeitende Bauarbeiterin oder das darüberliegende Fitnesscenter sind solche Schutzschilde, die in das Sicherheitskonzept solcher Ämter, Firmen und Institutionen miteingerechnet wurden. Entweder wir sagen, “sie wissen schon für wen sie arbeiten” und gefährden diese Menschen, oder wir lassen diese Weise militanter Aktionen bleiben. Vielleicht könnt ihr ja diese Idee weiter ausarbeiten und uns vorstellen.
Die technische Umsetzung könnte z.B. mit einer Fernzündung gelingen. Funkfernzünder gibt es schon ab 20 Euro zu kaufen. (Suchwort für das Internet: Funkzündanlage) Zusätzlich würden Brückenzünder, diese kosten 1 Euro pro Stück, gebraucht. (Suchwort für das Internet: Brückenzünder) Beides gibt es u.a. im Fachhandel für Modellbau zu kaufen.
Das alles zu organisieren ist kein Problem. Wir schmunzelten über die unqualifizierte Äußerung der mg in der radikal 158, in der die mg von Patronen als “kostbare Artikel” schreibt. Mittelspersonen können ohne Probleme in Schützenvereinen eintreten und sich dort an den Beständen vollhamstern. Patronenpressen gibt es ab 200 Euro im Set frei zu kaufen. Die Grundsubstanzen für Nitrocellulose oder Schwarzpulver gibt es, trotz Horrormeldungen über Chemikalienverbote, tonnenweise zu kaufen. 100 kg Kaliumnitrat kosten etwa 140 Euro und sind frei erhältlich. Die mg bemängelte seinerzeit, dass es diesbezüglich an Menschen mit speziellen Kenntnissen in den Reihen der Militanten fehlte. Mittlerweile wurde jedoch die Struktur aufgebaut, die den Erwerb solcher Kenntnisse für alle ermöglicht. Beta-Ausprägung, also das spezialisieren bei nur einzelnen Personen in der militanten Gruppe, halten wir für falsch.
Wenn wir wollten, könnten wir die Siegessäule auf den Mond schießen und eine ganze Stadt lahmlegen – Aber wir wollen nicht, und wir planen sowas nicht zu tun! Das hat Gründe, von denen wir euch drei nicht vorenthalten wollen:

1. Antirepressionsarbeit

Selbst die mg hat in ihrem langjährigen bestehen vernachlässigt für ausreichend Geldmittel im Repressionsfall zu sorgen. Bevor militante Aktionen durchgeführt werden, sollte die Antirepressionsarbeit stehen. Die Antirepressionsarbeit muss im Vorfeld finanziert sein und es muss dafür gesorgt sein, dass sich Menschen um die Gefangenen kümmern. Das kann heißen, das Menschen sich ein Leben lang um Leute im Gefängnis kümmern müssen!
Besonders bei klandestiner Militanz ist es schwierig diese Arbeit zu leisten, ohne ins Fadenkreuz des Repressionsapparats zu gelangen. Wir denken trotzdem, dass es nicht ausreicht die Repressionsarbeit Rechtshilfegruppen und anderen engagierten Personen zu überlassen.
Wir finden es sehr wichtig, den Gefangenen und Unterdrückten nicht nur ihre Stimme wiederzugeben, sondern eine Hand im Kampf für ihre Befreiung zu werden! Dies bedeutet, bezogen auf die Antirepressionsarbeit, dass wir Medien schaffen und unterstützen, die den Austausch zwischen den Gefangenen und uns draußen gewährleisten und wir für klandestine Wege sorgen, die den Gefangenen ermöglicht am militanten Geschehen teilzuhaben.

2. Verankerung in der Bevölkerung

Wir beobachten, dass Anschläge keine Wirkung haben, weil sie die Masse der Bevölkerung nicht erreichen oder von ihnen als sinnlos bezeichnet werden. Wir halten es darum für notwendig, Vollversammlungen und Stadtteilversammlungen zu organisieren und zu vernetzen, dort militante
Politik offen zu etablieren. Diese Versammlungen müssen in Betrieben und auf der Straße stattfinden! Wir müssen die Menschen dort abholen wo sie sind und nicht darauf warten, dass sie in unseren plakatierten Hinterzimmern auftauchen.
Es ist erschreckend, wie verschlossen, konsumierend und wenig selbstbewusst sich zum Thema Militanz in linksextremen Kreisen verhalten wird. Wir organisierten verschiedene Vollversammlungen in Berlin und konnten beobachten wie sektiererisch viele Personen sich bewegten.
Es ist notwendig, eine Sprache zu finden, die nicht nur bürgerliche Politmenschen ansprechen kann, sondern vor allem proletarische Menschen aktiviert. Niedrigschwellige und plakative Slogans müssen lange Diskussionspapiere ergänzen. Sie bilden die Grundlage für ein Interesse, ein Interesse aus der Vereinzelung zu entfliehen und etwas zum Positiven zu verändern.

3. Rechtsfreie Räume schaffen

Uns ist klargeworden, dass die besetzten Häuser ein Standbein klandestiner Militanz sind. Die Stärkung und das Bestehen von Squats ist daher notwendig. Einerseits sollte darauf eingewirkt werden, dass räumliche Ressourcen, die keiner einzelnen Person zugeordnet werden können, (wieder) als Waffendepot und terroristischer Werkstatt dienen können. Bis jetzt sieht es doch so aus, dass Funde dieser Art in privaten Wohnungen, PKWs oder Gartenlauben gemacht wurden. Und diese konnten sich dann leicht zuordnen lassen.
Dazu muss aber auch ein Schutz dieser Squats etabliert werden, der über einen Riegel am Haustor hinaus geht. Uns schweben da organisierte Einheiten vor, ähnlich wie sie die Black Panther Party organisierte. Auf deutsche und gegenwärtige Verhältnisse lässt sich das sicher nicht 1:1 übertragen, jedoch ist ein gewisser organisierter Selbstschutz unserer Strukturen vonnöten.
Besetzte Häuser sollen auch als Rückzugsraum für militante Aktivisten und Aktivistinnen dienen. Bisher hieß es: “Gefährdet nicht unser Haus!”. Diese Politik halten wir für falsch. In Zeiten der Kameraüberwachung an jeder Straßenecke, braucht es kollektive Unterschlüpfe, die nicht gleich auf wenige Personen deuten.

Wie geht es weiter?

Wir hoffen, dass ihr euch weiterhin oder erstmalig an der Militanzdebatte in der Interim, der radikal und auf Versammlungen beteiligt. Aktiviert eure Mitmenschen und überlegt gut, was ihr tut!

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